Ein vergifteter Platz entsteht durch Verletzungen der Systemgesetze. Wird ein Mensch ausgeschlossen oder nicht anerkannt, gemobbt, so fühlt er sich sehr schlecht, hat Angst, Trauer, Wut. Verlässt er das System, so nimmt er diese verletzten Gefühle mit und hinterlässt einen Abdruck im System. Deshalb hat ein Ausschluss einer Person auch negative Folgen für das System. In der Mediation haben wir es oft mit vergifteten Plätzen zu tun, die wir erstmal herausfinden müssen, um sie dann aufzulösen.
Systemgesetzverletzungen – die Folge ist ein vergifteter Platz
Beispiel: Ausschluss und fehlende Anerkennung:
Ein Geschäftsführer, der ein Werk in Übersee aufgebaut hat, wird unehrenhaft vom neuen Holdingchef entlassen, daraus entsteht ein vergifteter Platz oder verbrannter Platz. Unehrenhaft heißt hier, dass ohne Vorankündigung der neue Geschäftsführer präsentiert wird. Andere Beispiele sind: dem alten Geschäftsführer wird eine hierarchisch niedrigere Position angeboten oder dem alten Geschäftsführer wird eine höhere Chefebene übergestülpt.
Der Holdingchef erkennt den alten Geschäftsführer nicht als Person an und auch nicht, was der alte Geschäftsführer alles für das Unternehmen geleistet hat, auch nicht den Aufbau des Werkes.
Selbst wenn auf der Sachebene gute Gründe für eine Entlassung bestehen, kommt es auf die Art und Weise an, wie sie ausgesprochen wird und wie gehandelt wird, denn es muss Anerkennung deutlich werden und beim Geschäftsführer und den Mitarbeitern ankommen. Fühlt sich der alte Geschäftsführer gewürdigt, so ist eine Kündigung kein Ausschluss. Eine Entlassung führt dann zu Ausschluss, wenn sie ohne Anerkennung geschieht und über den alten Geschäftsführer nicht mehr geredet werden darf. Der alte Geschäftsführer fühlt sich verletzt und ist wütend.
Loyalität:
Die Folge eines solchen Ausschlusses ist, dass die Mitarbeiter sich ebenfalls ausgeschlossen und nicht anerkannt fühlen. Sie werden dadurch loyal dem Alten gegenüber, selbst wenn es sachlich gesehen negative Aspekte gab! Gleichzeitig entsteht Angst bei den Mitarbeitern, denn sie fragen sich, wen es als Nächsten treffen mag.
Eine Folge davon ist Demotivation, die soweit gehen kann, dass man unbewusst die Firma in den Ruin treibt. Das Werk könnte ab diesem Zeitpunkt rote Zahlen schreiben, damit der Holdingchef keine Gewinne daraus ziehen kann. Manchmal arbeiten die Mitarbeiter gerade so viel, dass das Werk überleben kann, der Holdingchef aber nicht erfolgreich wird. So wird gezeigt, dass der frühere Chef es doch besser konnte.
Vergifteter Platz
Betrachtet man den Platz des ausgeschlossenen alten Geschäftsführers, so ist dieser Platz vergiftet. Die Person, die diesen Platz einnimmt, hat in den meisten Fällen keine Chance, etwas Positives zu bewirken und zufrieden arbeiten zu können. Sei es, dass die alten Mitarbeiter ihr keine Chance lassen. Sei es, dass sie Verhaltensweisen oder Symptome des alten Geschäftsführers übernimmt und dadurch Ärger mit dem Holdingchef bekommt.
Das System will keinen Ausschluss und tut alles dafür, Ausschluss aufzuheben oder auszugleichen.
Alles „Negative“, wie Demotivation oder dem Neuen keine Chance zu geben, hat den positiven Sinn, den Ausschluss aufzuheben.
Auflösen eines vergifteten Platzes
Voraussetzung dafür ist, dass die Ehre des alten Chefs wieder hergestellt wird. Dafür ist notwendig, dass ihm von Herzen Anerkennung für seine Leistung ausgesprochen wird, dass weiterhin über ihn gut geredet wird und werden darf und dass er einen entsprechenden Ausgleich erhält.
Auch hier ist wie immer entscheidend, dass die Anerkennung und Würdigung von Herzen kommt, wirklich ernst gemeint ist und auch beim Gegenüber ankommt. Wenn das nicht möglich ist, so ist eine systemische Mediation sinnvoll, wo die Systemgesetzverletzungen aufgelöst werden.
Ein weiteres Beispiel aus der Praxis: Eine Firma hat kein „Glück“ mit ihren Vertriebsleitern. Die aktuelle Situation ist, dass sie keinen Vertriebsleiter hat. Der letzte ist von sich aus gegangen und war nur drei Monate dort. Davor war ein Mitarbeiter aus dem Vertriebsteam zum Leiter aufgestiegen, der ebenfalls nach sechs Monaten das Unternehmen verließ oder verlassen musste. Wie sich herausstellte, wurde ein früherer langjähriger Vertriebsleiter ausgeschlossen, da er dem neuen Geschäftsführer zu mächtig war.
Natürlich kann der Geschäftsführer den Vertriebsleiter entlassen, er muss es aber mit Anerkennung tun. Da er das aber nicht tat, hat er mit den negativen Konsequenzen zu leben.
Die Reaktion des Systems darauf war, dass keiner diesen vergifteten Platz einnehmen wollte und ausfüllen konnte.
Vergifteter Platz in einer Patchwork-Familie
Ein Ehepaar hat ein gemeinsames Kind. Trennen sich diese Eltern im Schlechten, d.h. die Verletzungen wie Leid und Wut werden nicht aufgelöst und die Eltern schließen sich aus oder reden schlecht übereinander, so bleiben zwei vergiftete Plätze jeweils neben einem Elternteil übrig.
Geht z. B. die Mutter eine neue Beziehung ein, so muss der neue Partner das frühere Elternpaar anerkennen, aber auch, dass das Kind mit der Mutter ein früheres System bildet. Er muss sich zurückstellen.
Beim Kind muss das Gefühl ankommen, dass es für die Mutter wichtiger ist als der neue Mann. Erst dann kann ein neues System mit Mutter, Kind und neuem Mann entstehen, das auf gegenseitiger Wertschätzung beruht. Fühlt sich das Kind von der Mutter oder vom neuen Mann nicht genügend wertgeschätzt, beziehungsweise verliert es die Position des Früheren, so wird das Kind probieren, den neuen Mann auszuschließen.
Gibt es in dem Beispiel einen vergifteten Platz neben der Mutter, so wird das Verhalten des neuen Partners nicht ausreichen, denn die Mutter kann ja selbst nicht das Frühere anerkennen. Der neue Partner bekommt oft die Wut des Kindes ab, obwohl diese Wut durch die Eltern erzeugt wurde. Auch spürt der neue Partner etwas von dem Leid und der Wut des früheren Ehemannes.
Ist kein Patchwork-Partner vorhanden, so übernimmt normalerweise ein Kind diesen vergifteten Platz.
Folgen können sein:
– Missbrauch (in meiner Arbeit mit Klienten kommen viele Fälle vor, egal ob die Tochter vom Vater oder der Sohn von der Mutter missbraucht wurde und der Partner weggeschaut hat),
– Kinder fühlen sich für die Eltern verantwortlich, (erlebe ich oft bei Unternehmensnachfolgen in Familienunternehmen, dass die Plätze vertauscht sind) – Eltern sind nicht Eltern, sondern gleichberechtigt mit den Kindern,
– Kinder können keine eigene feste Paarbeziehung eingehen, da sie gebunden sind („verheiratet mit der eigenen Mutter/Vater“ – dann taucht die Frage bei einem evtl. Partner auf: Wer ist wichtiger – ich oder deine Mutter / …?)
– Kinder erhalten nicht genügend Kräfte – mit allen Folgen.
Im Coaching und der Mediation haben wir es sehr oft mit vergifteten Plätzen zu tun, die wir mit Hilfe des System Empowerings auflösen.