Es gibt kein Verstehen – außer eine Annäherung
Jede Person nimmt Informationen in ganz individueller Weise auf. Diese spezifische Art der Wahrnehmung und Verarbeitung wurde durch die Umweltbedingungen und die Vorbildfunktion relevanter Bezugspersonen bei jedem einzelnen entwickelt.
Einerseits gibt es Filter, die Informationen ausfiltern und andererseits werden die durchgelassenen Informationen individuell verarbeitet. Auch da wirken diese Filter mit. Deshalb ist es ein Trugschluss, davon auszugehen, dass der Andere mich versteht. Dieses führt oft zu Konflikten, die wir in der Mediation aufdecken und auflösen.
Filter und das Verstehen
Folgende Filter werden vorgestellt und hier im Überblick gezeigt.
Metaprogramme wie:
– Die fünf Sinne
– hin zu- / weg von – Motivation
– Überblick / Detail
– Unterschiede / Gemeinsamkeiten
– Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
– aktiv / passiv
– Träumer, Realist, Kritiker (Walt Disney)
Überzeugungen und Denkgefühle:
– Euphorie, Angst, Liebe
Erwartungen -> (Wunsch, Aufgabe, Ziel)
Basisgefühle:
– Angst, Trauer, Wut, Liebe
Diese Metaprogramme bzw. Filter fungieren als Wahrnehmungsgrobraster und bevorzugte Verarbeitungsmechanismen und dienen primär der Vereinfachung von Wahrnehmungs- und Analyseprozessen.
Jedem sind potentiell alle Metaprogramme verfügbar, und sie können mit ein bißchen Übung wieder flexibilisiert und häufiger benutzt werden.
Die Entdeckung der Meta-Programme geht auf die „psychologischen Typen“ von C.G. Jung zurück (1923). Die jungsche Typenlehre wurde in den 40er Jahren von Isabell Briggs-Myers und Katherine Myers erweitert zu den Myers-Briggs-Typen.
Die gängigsten Metaprogramme sind folgende:
Sinnessysteme: visuell – Sehen, auditiv – Hören, kinästhetisch – Fühlen (und Schmecken und Riechen)
Mit welchem Sinnessystem nehme ich am Besten Informationen auf?
Motivationsrichtung: Hin zu – weg von
beschreibt den Ausgangspunkt von Motivation, d.h., ob das Verhalten eher durch ein “hin zu” (ein Ziel) oder durch “ein weg” von (der alten Situation wie Angst) bestimmt wird.
Bewertung: Ich? – Du?
Woher beziehe ich mein Feedback? Wie weißt du, dass du etwas richtig gemachst hast? Eher innerlich oder durch Informationen von außen und durch andere Menschen?
Informationsgröße: Detail – Ganzes
Dieses Metaprogramm beschreibt die Reihenfolge, in der Menschen am liebsten Wissen aufnehmen. Zuerst die wesentlichen Details und Beispiele und danach das größere Ganze oder lieber umgekehrt, d.h. erst einen Überblick und dann die Details.
Handlungsantrieb: Passiv – aktiv
Geht jemand aktiv auf etwas zu, handelt spontan und reagiert sofort, oder wartet er eher ab, beobachtet, überlegt und handelt dann erst nach einer Weile oder auch gar nicht?
Zeitorientierung: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
Ist der Fokus der Wahrnehmung eher in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft?
Wahrnehmungsposition: Assoziiert – dissoziiert
Analyserichtung: Problemorientiert – lösungsorientiert
Werden eher die Probleme gesehen? Oder liegt der Fokus darauf, Lösungen zu finden?
Walt-Disney-Methode: Träumer – Realist – Kritiker
Der Träumer ist der Visionär, alles ist möglich. Der Realist ist der Umsetzer, sieht die Meilensteine und Ziele. Der Kritiker ist der Berater, der Bedenken und negative Auswirkungen sieht.
Überzeugungen und Denkgefühle:
– Euphorie, Angst, Liebe
Es gibt noch weitere Filter. Dazu gehören Überzeugungen und Denkgefühle wie Euphorie, Angst oder Liebe. Die Sprichwörter: Die rosarote Brille oder Liebe oder Angst oder Wut macht blind, drücken diese Filter aus. Schlussfolgerungen, die aus der Interpretationsschleife durch das Interpretieren entstehen, sind ebenfalls starke Filter. Diese Schlussfolgerungen “Brille” führen dazu, bestimmte Informationen nicht mehr und andere Informationen gefärbt wahrzunehmen.
Erwartungen -> (Wunsch, Aufgabe, Ziel)
Erwartungen haben heißt warten, denn normalerweise weiß die andere Person nicht, welche Erwartung an sie gerichtet ist. Deshalb geht es darum, Erwartungen als Wunsch, Aufgabe oder Ziel zu formulieren.
Basisgefühle:
– Angst, Trauer, Wut, Liebe
Ungelöste Systemgesetzverletzungen führen zu Leid, Angst, Trauer und Wut. Auch diese Gefühle sind wie die Denkgefühle starke Filter.
Filter und Interpretationsschleife – kein Verstehen möglich
Deshalb macht es wenig Sinn, wenn man einer Person beispielsweise eine Aufgabe erteilt hat, die geschlossene Frage zu stellen: “Hast du das verstanden?”
Sie kann immer ja sagen, da jede Person es in der individuellen Sichtweise versteht.
Um eine Annäherung des Verstehens zu erreichen, ist es sinnvoll, folgende Frage zu stellen: “Was hast du verstanden?“ – bitte in deinen Worten.